Im wirklichen Leben ist Ewa Herzog eine Designerin, eine ziemlich Bekannte sogar.
Die in Berlin lebende ukrainische Creative ist in Deutschland seit über einem Jahrzehnt ein Begriff.
Allerdings hat Ewa Herzog seit drei Wochen nicht mehr in ihrem Beruf gearbeitet: Ewa hat in ihrem Auto geschlafen und von einem Parkplatz an der Berliner Stadtautobahn aus, gearbeitet.
Heute ist sie eine unserer vielen, stillen Heldinnen.
Und vielleicht kann sie schon bald einem Kind aus der Ukraine namens Wanja Hoffnung schenken.
Ewa Herzog und ein Mobiltelefon
Seit drei Wochen leitet Ewa Berlins aktivstes logistisches Hilfsnetzwerk für die Ukraine – ihr eigenes.
Von besagtem Parkplatz aus koordinieren sie, ihre Schwester und ihre Freund*innen die täglichen LKW-Lieferungen mit Lebensmitteln, medizinischen Geräten und anderen, dringend notwendigen Gütern in die Städte der Ukraine.
Es war Ende Februar, als sie nur mit ihrem Handy und ein paar anderen, freiwilligen Berliner*innen anfing, Kleidung und Lebensmittel für ein paar Lastwagenfahrer auf dem Weg nach Osten zu sammeln.
Drei Wochen später hat ihr Kollektiv von Hunderten von Helfer*innen 1.500t humanitäre Hilfsgüter in die Ukraine transportiert.
Wie ist es dazu gekommen?
„Ich spreche direkt mit den Menschen. Ich stehe in engem Kontakt mit den Bürgermeistern der Städte und Dörfer in der Ukraine, denn ich will wissen, was mit unseren Sachen passiert.
Ich will sicher sein, dass die Menschen die Hilfe direkt bekommen, ohne Zwischenhändler.
Ich denke, mittlerweile hat jeder in der Ukraine meine Handynummer.“
Ewa Herzog und ihre Stille Held*innen
50 Menschen hören aufmerksam zu, während Ewa uns alles erzählt.
Wir haben uns heute im The Reed am Alexanderplatz versammelt.
Alexander Wolf – Gastgeber und Gründer unserer Stiftung Außergewöhnlich Berlin – befragt Ewa Herzog zu ihrer unglaublichen Geschichte.
Ewa erzählt von den Familien, denen sie und ihre Freund*innen geholfen haben, eine Unterkunft zu finden, wie sie jeden Anruf beantwortet und wie viele Berliner*innen spontan mitmachen.
Sie erwähnt auch, wie langsam die Reaktionen seitens der Politik waren, wie die stillen Held*innen den Job machen, den normalerweise unsere Regierung übernehmen sollte.
Nebenbei gründete Herzog übrigens eine Stiftung, um die richtige Infrastruktur für die Flüchtlingshilfe in größerem Umfang zu schaffen.
Wenn die Zivilgesellschaft den Job der Regierung macht
Business as usual ist in Berlin seit der letzten Februarwoche nicht mehr denkbar.
Nicht nur für Ewa Herzog, sondern für uns alle.
Die Bürger*innen haben sich mobilisiert, dort wo die Politik versagt hat.
Sie begrüßen ukrainische Geflüchtete auf dem Berliner Hauptbahnhof.
Sie haben teilen ihre Wohnungen und Häuser.
Sie haben ein beispielloses Netzwerk von Fachleuten und Bürger*innen geschaffen, um die vom Krieg in der Ukraine Betroffenen zu unterstützen.
Und: Sie haben schnell gehandelt.
Mit den Mitgliedern unserer Stiftung Außergewöhnlich Berlin haben wir mal wieder sehr viel Glück und Unterstützung erlebt.
Seit zwei Wochen laufen bei uns die Telefone heiß, wenn Mitglieder und Freund*innen von Mitgliedern anrufen, um zu erfahren, wo und wie sie helfen können.
Es war eine überwältigende und zugleich ermutigende Erfahrung.
Mitglieder, die einfach mitmachen
Selbst nach all den Jahren sind wir immer noch positiv überrascht, dass unsere Mitglieder sofort und mit Kompetenz dabei waren, als die Ukraine-Krise vor nur drei Wochen begann: Wohnungen, Hotels und große Räume wurden angeboten, um Geflüchtete unterzubringen.
Andere Mitglieder boten Rechtsberatung an.
Wiederum andere spendeten noch am selben oder nächsten Tag erhebliche Mengen an Hilfsgütern und Geld.
Ewa Herzogs Wunsch für Wanja
Abschließend erzählt Ewa die Geschichte von Wanja, einem 11-jährigen ukrainischen Kind.
Wanja und seine Mutter haben es aus dem Schutt geschafft, der früher ihre Heimatstadt war.
Jetzt sind sie in Berlin gestrandet.
Der Junge ist schwer traumatisiert.
Er will nicht spielen, essen oder sprechen.
Wie viele Kinder, die einen Krieg erlebt haben, hat er den leeren Blick eines Soldaten. Aber Ewa will Wanja nicht aufgeben.
Sie hat herausgefunden, dass Wanja Fußball spielt und ein großer Fan von Robert Lewandowski ist.
Ewa hat ihm versprochen, ihm eine persönliche Nachricht per Video zukommen zu lassen, wenn er dadurch ein wenig mit ihr reden würde. Wanja war einverstanden.
Er sagte: „Das wäre ein Wunder.“
Ewa: „Wenn wir Robert Lewandowski organisieren, würdest du dann wieder an Wunder glauben?“
Wanja: „Ja, denn dann wüsste ich, dass es wirklich Wunder gibt.“
Als Ewa fertig ist, sitzen 50 Leute still da und wissen nicht, was sie sagen sollen.
Dann bricht einer von ihnen das Schweigen: „Wir alle wissen, was wir jetzt tun müssen, oder?
Wir werden dieses Wunder realisieren Lasst uns unsere Kontakte zusammenlegen und Lewandowskis Nummer finden.“
Manchmal ist es besser, nicht auf Hilfe zu warten, und die meisten Wunder werden von einfachen Menschen vollbracht.
Lasst uns alle an einem Strang ziehen, damit Wunder geschehen. Lasst uns den Menschen in der Ukraine zeigen, dass sie hier keine Geflüchtete sind.
Sie sind unsere Gäste. Oder besser gesagt: unsere Freund*innen.
Wenn du eine Bleibe für ukrainische Geflüchtete anbieten kannst oder suchst, rufe gerne unsere Transiträume-Hotline an und spreche mit Moritz Tonn: 01776294109
Falls du Sachspenden hast, nimm mit Ewa Herzog über Ewa Herzogs Website Kontakt auf.
Falls du eine Geldspende machen möchtest, nutze bitte das Wort Ukraine im Verwendungszweck Ukraine und spende hier.