Slava Ostap von der SELFMADECREW gestaltet die Wand der JSA Berlin
Wir haben nach einem passenden Namen für die Schule der Jugendstrafanstalt gesucht und sind dabei auf Helmuth Hübener gestoßen.
Helmuth Hübener wurde am 8. Januar 1925 in Hamburg geboren. Im Alter von 16 Jahren beginnt er, den britischen Sender BBC abzuhören und verfasst mit weiteren Freunden antifaschistische Flugblätter, die das Unrecht der Nazi-Herrschaft anprangern.
Er wird deshalb wegen Hochverrats angeklagt und zum Tode verurteilt. Am 27. Oktober 1942 wird er als jüngstes Opfer des Widerstands gegen den Nationalsozialismus in der Hinrichtungsstätte Berlin-Plötzensee ermordet.
Ganz kurz: Was ist die JSA Berlin?
Die Jugendstrafanstalt Berlin (JSA Berlin) ist das Gefängnis für junge männliche Inhaftierte des Landes Berlin. Der Erziehungsauftrag eröffnet den jugendlichen und heranwachsenden Männern die Chance, in Zukunft ein straf- und drogenfreies Leben zu führen.
Inhaftiert sind Jugendliche und Heranwachsende zwischen 14 und 27 Jahren. Die überwiegende Anzahl der jungen Männer sind aufgrund von Gewaltstraftaten verurteilt worden.
Das Mural von Helmuth Hübener in der JSA Berlin
Mir ist davon nichts bekannt.
Berlin ist der kulturelle Hotspot in Deutschland und vielleicht passen deshalb eine totale Institution und ein Mural zusammen und sorgen dafür, dass das Leben hinter Gittern sich dem Leben außerhalb der Mauern angleicht.
Das Mural von Helmuth Hübener soll daran erinnern, für die eigene Meinung einzustehen
Das Mural befindet sich an der Außenmauer des Werkstattgebäudes der Jugendstrafanstalt. In diesem Gebäude befinden sich mehrere Werkstätten, in den die Inhaftierten Quali-Bausteine erwerben oder Ausbildungen absolvieren können. Das Mural ist für alle Inhaftierten, Mitarbeiter und auch externe Besucher beim Eintritt in den Innenbereich der Jugendstrafanstalt weithin sichtbar.
Für die Inhaftierten der Jugendstrafanstalt sind die Zivilcourage dieses jungen Mannes und die Tatsache, dass er seine letzten Stunden vor der Hinrichtung im sogenannten „Todeshaus“ verbringt, das 1942 auf dem heutigen Sportplatz steht, eine lebendige Erinnerung daran, den Mut zu haben, für die eigene Meinung einzustehen und sich für die Freiheit und gegen die Diskriminierung und Marginalisierung von Minderheiten zu engagieren.
Um die Erinnerung an Helmuth Hübener wach zu halten, haben wir nach einer künstlerischen Umsetzung seines Portraits gesucht, die gut sichtbar ist und vor allem auch die jugendlichen Inhaftierten anspricht und damit zur Auseinandersetzung mit der Person motiviert.
Die SELFMADECREW macht auch TAPE ART
Die JSA Berlin war auf der Suche nach einer zeitgemäßen und jugendtypischen Umsetzung des Portraits von Helmuth Hübener. Das Mural animiert insbesondere die Jugendlichen täglich zur Auseinandersetzung mit der Person des jungen Mannes, der von den Nationalsozialisten wegen Hochverrats angeklagt und zum Tode verurteilt wurde.
Erinnerungskultur lebt davon, dass wir im Alltag immer wieder darauf gestoßen werden, uns mit den vorbildlichen Haltungen und Handlungen der Personen zu beschäftigen. Erinnerungskultur will einen Akzent gegen das Vergessen setzen. Aus diesem Grund kann das Kunstwerk weder groß genug noch auffällig genug sein, um auch nach vielen Jahren noch die Erinnerung wach zu halten.
Die Helmuth-Hübener-Schule, für die das Mural entstanden ist, (die Schüler sehen das Portrait von Helmuth Hübener übrigens jeden Tag, wenn sie die Schule besuchen und verlassen) bietet Schulabschlüsse, Grundbildung und Sprachkurse an.
Wir haben Schüler, die noch schulpflichtig sind und Schüler, die die Schulpflicht hinter sich haben, aber trotzdem einen Schulabschluss, z.B. die Berufsbildungsreife (BBR), erwerben möchten. Außerdem haben wir sehr viele Inhaftierte, die kein oder nur sehr wenig Deutsch sprechen. Die erhalten in Crashkursen eine Einführung in die deutsche Sprache.
Qualifizierungsbausteine und Ausbildungen werden vor allem in den klassischen Handwerksberufen angeboten: Schlosser, Tischler, Maler, Maurer, Zweiradmechaniker, KfZ-Mechaniker. Außerdem gibt es Maßnahmen zur beruflichen Orientierung z.B. als Friseur, Gebäudereiniger oder im Hotel- und Gaststättengewerbe.
Slava Ostap in The Haus, Berliner Kunstprojekt
Die Jugendstrafanstalt Berlin befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Strafanstalt Plötzensee, die bereits 1869 erbaut wurde. Von 1933 bis 1945 fungierte die Strafanstalt als Gefängnis und Hinrichtungsstätte des nationalsozialistischen Regimes. Die Gedenkstätte Plötzensee erinnert heute noch an diese traurige Vergangenheit.
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurde 1953 das Jugendgerichtsgesetz novelliert und der Erziehungsgedanke trat immer mehr in den Vordergrund des Vollzugs einer Jugendstrafe.
1980 schließlich wurde der Grundstein zum Neubau der Jugendstrafanstalt Berlin gelegt. Sieben Jahre später wurde das neue Gefängnis, die Jugendstrafanstalt Berlin eröffnet.
Die Jugendstrafanstalt wird weiterhin die Erinnerung an Helmuth Hübener wachhalten. Geplant sind 2020 weitere politisch-historische Workshops und künstlerischen Projekte mit zahlreichen Kooperationspartnern wie z.B. der Gedenkstätte Deutscher Widerstand und dem Anne-Frank-Zentrum.
Vielen Dank für das Interview!