Mick zeigt sein neues Tattoo an der Berliner Tattoo Convention. Mit Japans Tattoo-Legende Shige (links) und Franco Vescovi von Bishop Tattoo (rechts). ©Travelin´ Mick
Sie haben das Tätowieren, wie wir es heute kennen, erfunden: Bishop Tattoo.
Und das aus einem einfachen Grund:
Für alle, die sich nicht mit Tätowier-Maschinen auskennen:
Es gibt auf dem Markt zwei Arten: Spulen-Maschinen und Rotary-Maschinen.
Spule arbeitet mit Magnetfeld, Rotary mit Rotation.
Spule kann besonders gut Linien erstellen.
Rotary ist leichter, schneller und hautverträglicher.
Weil sie schwächer vibriert, ist sie schonender für den Körper.
Die Rotary-Maschine hat das Leben tausender Tattoo-Künstler von Grund auf verändert:
Weil sie so leicht und vielseitig einsetzbar ist, können Tattoo Artists freier, kreativer sein.
Das ist besonders einem technisch begabten Künstler zu verdanken:
Franco Vescovi.
Der volltätowierte US-Amerikaner mit italienischen Wurzeln von der West Coast kennt die Szene wie kein Zweiter.
Er ist Tattoo-Künstler seit 25 Jahren.
Hat mit 17 in der High School sein erstes Tattoo gestochen.
Später eigene Tätowier-Maschinen gebaut.
Begonnen hat es mit einer einzigen Rotary-Maschine.
Heute verkauft Bishop Tattoo von Tattoo Ink über Nadeln alles, was Tattoo-Künstler brauchen.
Die Maschinen werden in Kalifornien hergestellt.
Das Team von Bishop Tattoo auf der Großen chinesischen Mauer. ©Travelin´ Mick
Übrigens: Travelin‘ Mick reist als Tattoo Journalist von Papua Neuguinea bis in die Regenwälder des Amazonas, um fremde Völker und Stämme zu entdecken und deren Tätowierungen zu fotografieren. Lest hier unsere Interviews mit Mick, wenn ihr mehr über sein Außergewöhnliches Leben erfahren wollt.
Bishop Tattoo ist der erfolgreichste Produzent und Vertreiber von Tattoo-Equipment weltweit. Und das in einer 10 Milliarden-Dollar-Industrie. Warum seid gerade ihr so erfolgreich?
Franco: Um in einem so schnellen Markt wie dem der Tattoo-Industrie überleben zu können, brauchst du folgendes:
Die richtige Kombination.
Das richtige Team.
Eine Vision.
Und am allerwichtigsten: Authentizität.
Du solltest alles von einem authentischen Gesichtspunkt aus tun, dahinterstehen können.
Mick: Und man braucht das Wissen über die Geräte, die ein Tattoo Artist braucht.
Franco hat das. Er ist selber Tätowierer, er weiss genau, was es braucht.
Franco: In einer Welt, in der Authentizität echte Mangelware geworden ist, arbeiten wir tagtäglich daran, genau das zu sein:
Authentisch.
Auf jede mögliche Art und Weise.
Also stellen wir als Tattoo Artists Geräte für andere Tattoo Artists her.
Wir sind authentisch. Von Künstler zu Künstler.
In Taiwan mit Bishop Tattoo: Travelin´ Mick mit seiner Frau und Freunden. ©Travelin´ Mick
Kunst trifft auf Technologie trifft auf Wirtschaft. Wie ist es, an genau an dieser Schnittstelle von Kreativem und Business zu arbeiten?
Franco: Ja, das ist echt eine spannende Mischung.
Gerade Technologie ist ein wichtiger Faktor. Technologie ist dauernd im Wandel.
Wir müssen jeden Tag Ausschau halten nach neuen Technologien, die wir einbauen können.
Gleichzeitig lieben wir Kunst. Wir sind alles kreative Leute.
Die Tattoo-Kunst ist eine ganz besondere Art, sich auszudrücken.
Die Menschen lieben es, sich auszudrücken. Jeder hat dafür andere Wege, nicht alle tätowieren sich. Nimm den CEO, der täglich gebügelte Hemden trägt. Der hat vielleicht keine Tattoos, sieht sich aber gerne an den Wochenenden mit bemaltem Gesicht und Fantrikot ein Fußballspiel an.
Tattoos sind wohl die visuellste Art und Weise, sich auszudrücken. Das ist ein Ritual.
Franco, du sagtest, dass ihr eure Technologien ständig weiterentwickelt, um in der Branche mithalten zu können. Durch welche Innovationen bleibt Bishop Tattoo im Rennen?
Franco: Genau, Innovationen sind der Schlüssel im Business. Du musst dich ständig weiterentwickeln.
Ich sage immer:
„Niemals bequem werden.“
Man muss erkennen, welche Bedürfnisse da sind in der Szene.
Wir waren zum Beispiel mal an einem großen Surf Contest in Hawaii und haben dort tätowiert.
Die Surfer wollen ja alle Tattoos haben.
Aber die wollen auch alle am selben Tag noch ins Meer und weitersurfen.
Also haben wir ein spezielles wasserabweisendes Spray erfunden, das man nach dem Tätowieren auf das Tattoo sprayt.
Damit kann man gleich anschließend wieder ins Wasser.
Und die Surfer sind da ja nicht nur baden gegangen, die waren im Meer, haben meterhohe Wellen genommen.
Die hatten teilweise üble Stürze.
Aber den Tattoos ist nichts passiert. Alles ist perfekt geheilt.
Die Geschichte von Bishop Tattoo in a Nutshell: Drei Meilensteine der Erfolgsgeschichte von Bishop Tattoo?
Franco: Der erste Meilenstein war…
Mick: – mich einzustellen? (lacht)
Franco: (Lacht) Ja, kann man so sagen. Du warst der dritte Meilenstein, okay?
Der erste war sicher mal unsere erste Tätowier-Maschine. Wir waren damals Pioniere mit unserer Rotary-Maschine.
Mick: Zu dieser Zeit hatten alle noch diese Spulen-Maschinen. Und Franco hat sich bewusst dafür entschieden, seine Firma auf einem Produkt aufzubauen, das noch überhaupt nicht bekannt oder beliebt war.
Das war eine bewusste Entscheidung, gegen den Mainstream zu gehen.
Franco: Damals waren wir die ersten mit der Rotary-Maschine, die war noch total unbekannt.
Heute sind Rotary-Maschinen die beliebtesten Maschinen, machen 80 bis 90 Prozent aller Modelle aus.
Der zweite Meilenstein war der Tag, an dem wir entschieden haben, nicht nur Maschinen, sondern auch anderes Equipment herzustellen. Unsere Produktpalette auszuweiten: Nadeln, Tinte, Hygieneprodukte, Handschuhe…
Mick: Und die Kooperation mit anderen Firmen.
Franco: Am dritten Meilenstein sind wir grade dran.
Wir verraten nur so viel: elektronische und magnetische Technologie.
Die berühmten Rotary-Maschinen von Bishop Tattoo. ©Travelin´ Mick
Insider Tipps von Bishop Tattoo: Woran muss man denken, wenn man sein erstes Tattoo stechen lassen will?
Franco: Ich würde sagen: Sei authentisch. Bleib dir selbst treu. Lass dir nichts stechen, nur weil es gerade en Vogue ist.
Mach es für das Statement.
Sei dir sicher, dass es das ist, was du willst – für immer.
Am besten stellst du dich auf die Probe. Gib dir ein paar Wochen Zeit. Hinterfrag dich.
Wenn du dein Motiv dann immer noch willst: Hol es dir.
Vielleicht nicht gerade der Name deines Freundes. Außer, du bist wirklich, wirklich sicher, dass es der Richtige ist.
Gut. Nehmen wir an, heute ist der Tag, an dem ich ins Studio gehe. Woran muss ich denken? Welche praktischen Tipps habt ihr für den Besuch im Tattoo Studio?
Franco:
Erstens: Überleg dir vorher gut, was du genau willst. Es ist gesund, sich zu hinterfragen.
Zweitens: Schau dir die Portfolios der Künstler an. Und zwar nicht nur bearbeitete Instagramfotos, sondern auch Fotos von abgeheilten Tattoos.
Drittens: Lies die Reviews.
Viertens: Schau, dass die Atmosphäre im Tattoo Studio gut ist, dass die Chemie stimmt.
Und fünftens: Denk immer daran: Es wird am Ende weniger schmerzen, als du denkst.
Mick:
Sechstens: Schau darauf, dass alles sauber ist. Hygiene ist Priorität Nummer 1.
Siebtens: Der ganze zwischenmenschliche Aspekt ist auch sehr wichtig. Du musst dich wohl fühlen bei deinem Tattoo Artist. Vor allem, wenn du was Größeres stechen lässt, sagen wir, du machst den ganzen Rücken. Das geht gerne sieben, acht lange Sitzungen über Jahre. Da ist es wichtig, dass du mit der Persönlichkeit des Tätowierers klarkommst.
An der Berliner Tattoo Convention: Travelin´ Mick lässt sich von Bishop Tattoo Präsident Franco Vescovi tätowieren. ©Travelin´ Mick
Mick, du wirst gerade tätowiert. Wie kommt man mit den Schmerzen klar?
Mick: Du musst es einfach wollen. Wenn du dein Tattoo nur fest genug haben willst, dann
wird es gehen mit den Schmerzen.
Franco: Es geht darum, die Entspannung in der Anspannung zu finden.
Das hat viel mit Meditation zu tun: Den Schmerz zulassen, eintauchen, überwinden.
Das Verborgene hinter der ganzen Tattoo-Szene ist der spirituelle Aspekt:
Schmerz ist wie ein Ritual. Schmerz ist unglaublich kraftvoll. An Schmerz wächst man. Man wird stärker.
„Ein Tattoo verändert dich also nicht nur äußerlich, sondern auch von Innen.“
Bishop Tattoo Travelin´ Mick auf der Großen Mauer in China. ©Travelin´ Mick
Beitrag von unserer Gastautorin Malin Kristina Hunziker.